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Die Klebtechnik ein eher langweiliges Thema? Nicht mit Professor Andreas Groß. Der Experte aus Bremen referierte auf dem Klebtechnischen Kolloquium mitreißend über die DIN 2304.

Ikarus und die Klebtechnik

5. Klebtechnisches Kolloquium: Nationale Experten tagen an der Hochschule Ulm

​Was haben Einkaufstüten, Sportschuhe und Flugzeuge gemeinsam? Sie werden alle zum großen Teil per Klebtechnik zusammengefügt. Versagen bei diesen Produkten die Klebungen, führt das zu mittleren bis schweren Katastrophen. Da aber moderne Klebstoffe eigentlich eine „Null-Fehler-Produktion“ ermöglichen, liegt die Fehlerquelle in der überwiegenden Mehrheit der Fälle auf der Anwendungsseite. Genau dieser Reduzierung der Anwenderfehler widmete sich das 5. Klebtechnische Kolloquium (KKU) an der Hochschule Ulm, bei dem sich am zweiten Juni Experten aus dem ganzen Bundesgebiet zum Thema „Qualitätssicherung in der Klebtechnik“ austauschten.

​Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand dabei die brandneue DIN Norm 2304, mit der erstmals alle Anwendungsschritte der Klebtechnik, von der Idee bis zum fertigen Produkt, in einer Richtschnur standardisiert werden.

Professor Andreas Groß vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM), ein langjähriger Wegbereiter für die sichere Klebtechnik, präsentierte die Norm, die seit März diesen Jahres in ihrer Endfassung veröffentlicht ist und damit angewendet werden kann.

KKU2016_Teilnehmer.jpg„Was die Niettechnik für das 19. Jahrhundert und die Schweißtechnik für das 20. Jahrhundert waren, wird die Klebtechnik für das 21. Jahrhundert werden“, stellte der Fachmann vom Fraunhofer Institut IFAM in Bremen fest. In einer Zeit, in der die Anforderungen an Produkte seitens des Marktes immer weiter steigen, biete die Klebtechnik die größten Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Produkte. Denn nur die Klebtechnik könne verschiedenste Werkstoffe, inklusive der vielen Neuentwicklungen, so miteinander kombinieren, dass es zu möglichst geringen Beeinträchtigungen der Werkstoffeigenschaften komme, Stichwort Multi Material Design. Dennoch, so merkte Groß kritisch an, sei man mit der Verwendung der Klebtechnik „noch lange nicht so weit, wie man eigentlich sein müsste.“

Am Beispiel der altgriechischen Sage des Ikarus machte Professor Groß deutlich, worin die große Herausforderung der Klebtechnik liegt. Ikarus war mit seinen per Wachs an den Unterarmen befestigten Flügeln der Sonne zu nah gekommen, und stürzte ab. Laut Professor Groß‘ Interpretation hatte Ikarus‘ Erfindung funktioniert, doch Ikarus habe seinen Klebstoff, das Wachs, einem Temperaturbereich ausgesetzt, für den dieses nicht geeignet gewesen sei und so den eigenen Absturz verschuldet.

An dieser Stelle setze die DIN 2304 an. Die Norm wolle Hilfestellung für Betriebe geben, mit sicheren Verfahren eine gleichbleibend hohe Qualität des komplexen Vorgangs des industriellen Klebens zu erreichen. Gerade weil klebtechnisch gefügte Produkte nicht zu „100 Prozent zerstörungsfrei“ überprüft werden könnten, sei es wichtig die qualitätsbeeinflussenden Faktoren im Vorfeld zu minimieren. 90% aller Klebfehler seien Anwendungsfehler, und diese Zahl könne in Zukunft durch die Einhaltung der Norm deutlich reduziert werden. Um im Bild zu bleiben: Hätte Ikarus die DIN 2304 gekannt, wäre er wohl nicht abgestürzt.

Mit Blick auf die DIN 6701 „Kleben von Schienenfahrzeugen und –fahrzeugteilen“, an deren Struktur die DIN 2304 orientiert ist, zeigte sich Groß zuversichtlich, dass die DIN 2304 eine ähnliche Erfolgsgeschichte erleben wird, wie die „Schwesternorm“. Die DIN 6701 wird nämlich auch international verwendet. Ein Drittel aller Betriebe die ihre Klebprozesse nach DIN 6701 zertifizieren lassen, kommen aus dem Ausland, viele davon aus China.

Am Nachmittag kamen noch Experten aus der Praxis, Klebstoffhersteller und -anwender, zu Wort. Für die Hochschule Ulm stellte Professor Christian Dietrich, der Organisator des KKU, den Stand der klebtechnischen Ausbildung an der Hochschule Ulm vor. Studierende der meisten Studiengänge haben die Möglichkeit, das Wahlfach „Klebtechnik mit Labor“ zu besuchen. Im Anschluss können die Studierenden auch die Prüfung zum „Klebpraktiker“ ablegen, und sich so eine wichtige Zusatzqualifikation sichern. Aufbauend darauf können Studierende der Hochschule Ulm auch die Qualifikation zur „Klebfachkraft“ erwerben. Im Rahmen des Weiterbildungsangebots der Technischen Akademie Ulm können sich Interessierte zum „Klebpraktiker“ bzw. zur „Klebfachkraft“ ausbilden lassen. Beide Kurse werden seit 2008 im Auftrag des Fraunhofer Institut IFAM, Bremen, durchgeführt.

08.06.2016 10:45

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